Auf einen Blick
✓ Schulterschmerzen sind häufig – etwa 70% aller Menschen erleben sie mindestens einmal im Leben
✓ Die meisten Ursachen sind harmlos – Muskelverspannungen und Überlastungen heilen meist von selbst
✓ Bewegung ist die beste Medizin – auch wenn es zunächst schmerzt, sanfte Aktivität fördert die Heilung
✓ Operationen sind selten nötig – über 80% der Schulterschmerzen bessern sich mit konservativer Therapie
✓ Bei Warnsignalen sofort zum Arzt – plötzliche starke Schmerzen, Taubheit oder Kraftverlust sind Notfälle
Ursachen: Warum tut meine Schulter weh?
Die Schulter ist das beweglichste Gelenk unseres Körpers – und genau das macht sie anfällig. Anders als die Hüfte, die durch ihre Kugelform stabil ist, wird die Schulter hauptsächlich durch Muskeln, Sehnen und Bänder geführt. Diese komplexe Konstruktion ermöglicht uns, den Arm in alle Richtungen zu bewegen, birgt aber auch Risiken.
Die Top 5 der Schmerzursachen:
1. Muskelverspannungen und Überlastung (ca. 40% aller Fälle)
Häufigste Ursache bei Büroarbeit und einseitiger Belastung
Typisch: Schmerzen im Nacken-Schulter-Bereich
Oft durch Stress und schlechte Haltung verstärkt
Gute Prognose: Bessert sich meist innerhalb von Tagen bis Wochen
2. Impingement-Syndrom (Engpass-Syndrom)
Sehnen werden unter dem Schulterdach eingeklemmt
Schmerzen besonders beim Armheben zwischen 70-120 Grad ("schmerzhafter Bogen")
Betrifft oft Menschen zwischen 40-60 Jahren
Kann zu Schleimbeutelentzündung führen
3. Kalkschulter (Tendinosis calcarea)
Kalkablagerungen in den Sehnen
Kann plötzliche, heftige Schmerzattacken auslösen
Betrifft häufig Frauen zwischen 30-50 Jahren
In vielen Fällen löst sich der Kalk von selbst auf
4. Frozen Shoulder (Schultersteife)
Schmerzhafte Bewegungseinschränkung in alle Richtungen
Entwickelt sich in drei Phasen über 1-3 Jahre
Oft ohne erkennbare Ursache
Betrifft häufiger Diabetiker und Frauen über 40
5. Verletzungen der Rotatorenmanschette
Risse oder Entzündungen der stabilisierenden Sehnen
Häufig bei Überkopfarbeit oder Sport
Schmerzen nachts beim Liegen auf der Schulter
Von kleinen Teilrissen bis zu kompletten Rupturen
Seltene, aber wichtige Ursachen:
Schulterarthrose: Verschleiß des Gelenkknorpels, meist bei älteren Menschen
Schulterinstabilität: Nach Ausrenkung oder bei angeborener Bindegewebsschwäche
Nerveneinklemmungen: Aus der Halswirbelsäule ausstrahlend
Systemerkrankungen: Rheuma, Polymyalgia rheumatica
Übertragene Schmerzen: Von Herz, Lunge oder Gallenblase
Lokalisation: Wo genau tut es weh?
Die genaue Stelle deiner Schmerzen kann viel über die Ursache verraten.
Schmerzen an der Schulteraußenseite
Häufigste Ursache: Schleimbeutelentzündung oder Sehnenreizung
Typisch: Schmerzen beim seitlichen Armheben
Nachts: Verstärkung beim Liegen auf der betroffenen Seite
Schmerzen vorne an der Schulter
Mögliche Ursachen: Bizepssehnenentzündung, vordere Instabilität
Typisch: Schmerzen beim Greifen nach hinten
Aktivitäten: Verschlimmerung bei Wurfbewegungen
Schmerzen hinten an der Schulter
Ursachen: Verspannte Muskulatur, hintere Kapselentzündung
Typisch: Schmerzen beim Arm nach vorne führen
Begleitung: Oft mit Nackenverspannungen
Schmerzen, die in den Arm ausstrahlen
Ursachen: Nervenwurzelreizung aus der Halswirbelsäule
Typisch: Kribbeln, Taubheit oder Schwäche im Arm
Wichtig: Neurologische Abklärung empfehlenswert
Symptome und ihre Bedeutung
Symptom | Mögliche Ursache | Dringlichkeit |
Schmerzen beim Armheben seitlich | Impingement, Sehnenreizung | Mittelfristig abklären |
Nächtliche Schmerzen | Entzündung, Kalkschulter | Zeitnah zum Arzt |
Plötzlicher stechender Schmerz | Sehnenriss, Kalkeinbruch | Sofort zum Arzt |
Kraftverlust | Sehnenriss, Nervenschaden | Dringend abklären |
Taubheit/Kribbeln | Nervenkompression | Zeitnah neurologisch abklären |
Schulter "springt raus" | Instabilität | Orthopädische Beratung |
Wann sollte ich mit Schulterschmerzen zum Arzt?
Nicht jeder Schulterschmerz erfordert sofort einen Arztbesuch.
Sofort zum Arzt oder in die Notaufnahme bei:
Unfallverletzungen mit sichtbarer Fehlstellung oder Bewegungsunfähigkeit
Plötzliche heftige Schmerzen mit Kraftverlust
Taubheitsgefühle oder Lähmungen im Arm
Schulterschmerzen mit Brustschmerzen (Herzinfarkt ausschließen!)
Fieber und Schulterschmerzen (Gelenkinfektion möglich)
Blauverfärbung oder Kältegefühl im Arm
Innerhalb weniger Tage zum Arzt bei:
Schmerzen, die trotz Selbstbehandlung nach 1 Woche nicht besser werden
Zunehmende Bewegungseinschränkung
Nachtschmerzen, die den Schlaf stören
Schmerzen mit Schwellung oder Überwärmung
Wiederholte Schmerzattacken
Planmäßig zum Arzt bei:
Chronischen Schmerzen über 4-6 Wochen
Wiederkehrenden Beschwerden nach Belastung
Wenn du unsicher bist oder Angst hast
Zur Abklärung vor geplantem Sport
Welcher Arzt ist der richtige?
Hausarzt: Erste Anlaufstelle, kann meist gut helfen und bei Bedarf überweisen
Orthopäde: Spezialist für Gelenkprobleme, bei komplexeren Beschwerden
Sportmediziner: Bei sportbedingten Verletzungen
Rheumatologe: Bei Verdacht auf entzündliche Erkrankungen
Diagnose: Wie läuft die Untersuchung beim Arzt ab?
Das Arztgespräch (Anamnese):
Seit wann bestehen die Schmerzen?
Wodurch sind sie entstanden?
Wie fühlen sie sich an?
Was verstärkt oder lindert sie?
Welche Medikamente nimmst du?
Körperliche Untersuchung:
Inspektion: Schwellung, Rötung, Haltung
Bewegungstests: aktive und passive Beweglichkeit
Krafttests der einzelnen Muskeln
Spezielle Schultertests (z.B. Impingement-Tests)
Bildgebung bei Bedarf:
Röntgen: Zeigt Knochenveränderungen und Arthrose
Ultraschall: Gut für Sehnen, Muskeln und Schleimbeutel
MRT: Detaillierteste Darstellung aller Strukturen, meist nur bei unklaren Fällen oder vor Operationen
Nicht immer ist sofort eine eindeutige Diagnose möglich. Manchmal arbeitet der Arzt zunächst mit einer Verdachtsdiagnose und beobachtet den Verlauf.
Linderung bei Schulterschmerzen: Was du selbst tun kannst – und welche Therapieoptionen es gibt
Was kann ich selbst gegen akute Schulterschmerzen tun?
Die ersten 48 Stunden sind entscheidend. Mit den richtigen Maßnahmen kannst du die Heilung fördern und Schmerzen lindern.
Die PECH-Regel – Erste Hilfe bei akuten Schmerzen
Pause – Schulter schonen, aber nicht komplett ruhigstellen Eis – 15-20 Minuten kühlen, mehrmals täglich Compression – Leichter Druck durch Bandage (nicht zu fest!) Hochlagerung – Arm auf Kissen lagern
Wärme oder Kälte – was ist besser?
Kälte bei:
Akuten Verletzungen (erste 48 Stunden)
Schwellungen
Entzündlichen Prozessen
Stechenden, hellen Schmerzen
Wärme bei:
Muskelverspannungen
Chronischen Schmerzen
Steifigkeit
Dumpfen, ziehenden Schmerzen
Schmerzmittel gezielt einsetzen
Ibuprofen (400-600mg)
Wirkt schmerzlindernd und entzündungshemmend
Maximal 3x täglich
Mit Essen einnehmen
Diclofenac-Gel
Lokale Anwendung bei oberflächlichen Schmerzen
3-4x täglich einmassieren
Weniger Nebenwirkungen als Tabletten
Paracetamol
Bei Unverträglichkeit von Ibuprofen
Weniger wirksam bei Entzündungen
Maximal 4x täglich 500-1000mg
Wichtig: Schmerzmittel maximal 5-7 Tage ohne ärztliche Rücksprache!
Bewegung – das A und O der Heilung
Auch wenn es zunächst weh tut: Sanfte Bewegung ist besser als Stillhalten!
Pendelübungen (Codman-Übungen)
Stütze dich mit der gesunden Hand auf einen Tisch
Lass den schmerzenden Arm locker hängen
Pendel sanft vor/zurück, dann seitlich
5-10 Wiederholungen, mehrmals täglich
Wandklettern
Stelle dich seitlich zur Wand
"Klettere" mit den Fingern die Wand hoch
So weit wie schmerzfrei möglich
Langsam wieder runter
Diese einfachen Übungen halten das Gelenk beweglich und fördern die Durchblutung. Bist du dir unsicher, welche Übungen passend für dich sind? Vereinbare ein Beratungsgespräch mit dem Team von Somana.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Die meisten Schulterschmerzen lassen sich ohne Operation behandeln. Operative Eingriffe sind nur selten notwendig.
Konservative (nicht-operative) Behandlung:
Physiotherapie: Bewegungstherapie, Kräftigung, Haltungsschulung
Medikamente: Schmerzmittel, bei Entzündungen auch Kortison-Spritzen
Physikalische Therapie: Wärme, Kälte, Elektrotherapie
Alternative Verfahren: Akupunktur, Taping (Studienlage teilweise noch unsicher)
Operative Behandlung
Eine Operation kommt nur infrage, wenn konservative Maßnahmen nach 3-6 Monaten nicht geholfen haben oder bei schweren Verletzungen.
Arthroskopie (Gelenkspiegelung): Minimalinvasive Technik über kleine Schnitte
Offene Operation: Bei größeren Reparaturen notwendig
Beispiele: Entfernung von Kalkdepots, Naht gerissener Sehnen, Erweiterung des Schulterdachs
Heilungsdauer: Wie lange dauert es, bis es besser wird?
Die Heilungsdauer hängt stark von der Ursache und deinen individuellen Faktoren ab.
Typische Heilungszeiten:
Muskelverspannungen: Wenige Tage bis 2 Wochen
Schleimbeutelentzündung: 2-6 Wochen
Impingement-Syndrom: 6 Wochen bis 6 Monate
Rotatorenmanschettenriss: 3-6 Monate, nach OP 6-12 Monate
Frozen Shoulder: 1-3 Jahre (oft auch ohne Behandlung)
Faktoren, die die Heilung beeinflussen:
Dein Alter (jüngere Menschen heilen schneller)
Allgemeine Fitness und Muskelkraft
Begleiterkrankungen wie Diabetes
Einhaltung der Therapieempfehlungen
Berufliche und sportliche Belastung
Geduld ist wichtig – Schulterprobleme brauchen oft Zeit zur Heilung.
Prävention: Wie kannst du Schulterschmerzen vorbeugen?
Bewegung und Sport:
Regelmäßige, schonende Bewegung (Schwimmen, Radfahren)
Kräftigung der Schultermuskulatur, besonders der Rotatorenmanschette
Überkopfsportarten (Tennis, Handball) nur mit guter Technik
Aufwärmen vor dem Sport nicht vergessen
Arbeitsplatz und Alltag:
Bildschirm auf Augenhöhe einstellen
Alle 30-60 Minuten Pausen mit Schulterkreisen
Schwere Gegenstände nah am Körper tragen
Arbeiten über Kopf vermeiden oder aufteilen
Schlaf und Erholung:
Nicht auf der Schulter schlafen
Geeignetes Kissen für gute Nackenhaltung
Stress reduzieren (führt oft zu Verspannungen)
Häufige Fragen: Mythen und Fakten rund um Schulterschmerzen
Wie lange dauert es, bis Schulterschmerzen weggehen?
Das hängt von der Ursache ab:
Muskelverspannungen: 3-7 Tage
Sehnenentzündungen: 2-6 Wochen
Impingement: 6-12 Wochen
Frozen Shoulder: 1-3 Jahre
Nach Operation: 3-6 Monate
Wichtig: Mit der richtigen Behandlung verkürzt sich die Heilungsdauer oft deutlich!
Kann ich mit Schulterschmerzen weiter arbeiten?
In den meisten Fällen ja, aber mit Anpassungen:
Ergonomische Hilfsmittel nutzen
Regelmäßige Pausen einlegen
Belastende Tätigkeiten vermeiden
Mit Arbeitgeber über Anpassungen sprechen
Bei starken Schmerzen: Krankschreibung
Welche Schlafposition ist bei Schulterschmerzen am besten?
Empfohlen:
Rückenlage mit Kissen unter dem Arm
Gesunde Seite mit Kissen zwischen den Armen
Oberkörper leicht erhöht
Vermeiden:
Auf der schmerzenden Schulter liegen
Arm über Kopf
Bauchlage mit verdrehtem Nacken
Helfen Wärmepflaster bei Schulterschmerzen?
Ja, bei Verspannungen und chronischen Schmerzen:
8-12 Stunden Wirkung
Fördern Durchblutung
Lockern Muskulatur
Ideal für unterwegs
Bei akuten Entzündungen besser Kälte verwenden!
Wann brauche ich ein MRT der Schulter?
Ein MRT ist sinnvoll bei:
Verdacht auf Sehnenriss
Unklaren Schmerzen über 6 Wochen
Vor geplanter Operation
Nach erfolgloser Therapie
Nicht nötig bei:
Klaren Muskelverspannungen
Beginnenden Beschwerden
Eindeutiger Diagnose
Kann Stress Schulterschmerzen verursachen?
Absolut! Stress führt zu:
Muskulärer Anspannung
Schlechter Haltung
Verstärkter Schmerzwahrnehmung
Verzögerter Heilung
Stressmanagement ist daher wichtiger Teil der Therapie!