Krankengymnastik am Gerät

03.12.2025

|

Zuletzt geupdated:

03.12.2025

6 MINUTEN

Fachlich geprüft von:

Jesaja Brinkmann

Gründer & CEO, Somana

Medizinstudium an den Universitäten Würzburg und Hamburg; Forschung an der Harvard Medical School

Krankengymnastik am Gerät ist eine spezielle Form der Physiotherapie, bei der gezieltes Training an medizinischen Geräten zum Einsatz kommt. Dieser Artikel hilft dir dabei, das Konzept besser zu verstehen, typische Anwendungsgebiete zu kennen und Antworten auf wichtige Fragen zu erhalten – von Voraussetzungen über Kosten bis hin zu Verordnungsdetails.

Krankengymnastik am Gerät

03.12.2025

|

Zuletzt geupdated:

03.12.2025

6 MINUTEN

Fachlich geprüft von:

Jesaja Brinkmann

Gründer & CEO, Somana

Medizinstudium an den Universitäten Würzburg und Hamburg; Forschung an der Harvard Medical School

Krankengymnastik am Gerät ist eine spezielle Form der Physiotherapie, bei der gezieltes Training an medizinischen Geräten zum Einsatz kommt. Dieser Artikel hilft dir dabei, das Konzept besser zu verstehen, typische Anwendungsgebiete zu kennen und Antworten auf wichtige Fragen zu erhalten – von Voraussetzungen über Kosten bis hin zu Verordnungsdetails.

Definition: Wofür steht KGG und was bedeutet Krankengymnastik am Gerät?

KGG steht für Krankengymnastik am Gerät. Auf deinem Rezept findest du möglicherweise auch die Bezeichnung gerätegestützte Krankengymnastik oder kurz KG-Gerät. Gemeint ist immer eine aktive Physiotherapie, die mit Hilfe von Trainingsgeräten durchgeführt wird.

Anders als bei anderen Heilmittel-Verordnungen trainierst du hier ausschließlich aktiv an Geräten – ähnlich wie im Fitnessstudio, aber unter therapeutischer Anleitung. Der Begriff “Geräte” ist hier breit gefasst, der/die Physiotherapeut/in hat die Auswahl von der Beinpresse bis zum TheraBand. Nach einer physiotherapeutischen Untersuchung wird ein individueller Trainingsplan erstellt, der genau auf deine Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Die Ziele von KGG:

  • Gezielte Stärkung geschwächter Muskeln

  • Verbesserung von Koordination und Ausdauer

  • Bessere Bewältigung von Alltagsbewegungen

  • Schmerzreduktion und langfristige Stabilität

  • Belastbarkeit der Körpers steigern

  • Vorbereitung auf das eigenes Training

Obwohl Geräte zum Einsatz kommen, bleibt KGG eine medizinisch-therapeutische Maßnahme. Das Training wird von ausgebildeten Physiotherapeuten angeleitet, die darauf achten, dass alle Übungen korrekt und sicher ausgeführt werden.

Anwendung: Bei welchen Beschwerden wird KGG eingesetzt?

Orthopädische Beschwerden

KGG wird häufig nach Verletzungen oder Operationen am Bewegungsapparat verordnet – etwa in der Reha nach Kreuzbandriss, Knie- oder Hüftgelenk-Ersatz. Auch nach Knochenbrüchen hilft das Training, Muskelkraft und Beweglichkeit wieder aufzubauen.

Rücken- und Gelenkprobleme

Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, Nackenschmerzen oder Arthrose (alters- und belastungsbedingte Gelenksveränderung) profitieren von KGG. Durch gezielten Muskelaufbau wird die Wirbelsäule stabilisiert und die Gelenke entlastet.

Neurologische Erkrankungen

Bei Erkrankungen wie leichtem Schlaganfall, Parkinson oder Multipler Sklerose kann KGG helfen, die Muskelfunktion zu verbessern. Auch nach Nervenverletzungen werden verbleibende Muskelfunktionen optimal gefördert.

Allgemeine Schwäche

KGG kommt zum Einsatz, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit vermindert ist – etwa nach langer Krankheit, nach einer Chemotherapie oder bei chronischen Erkrankungen. Hier dient das Training als sicherer Einstieg, um Schritt für Schritt wieder fitter zu werden.

Vergleich: Was ist der Unterschied zwischen normaler Krankengymnastik und KGG?

Vergleich: Was ist der Unterschied zwischen normaler Krankengymnastik und KGG?

Der wichtigste Unterschied liegt in der Dauer und im Setting: Eine klassische Krankengymnastik-Einheit dauert meist 15–25 Minuten und findet einzeln statt. KGG dagegen umfasst 60 Minuten pro Einheit und läuft oft in kleinen Gruppen ab (bis zu 3 Patienten trainieren gleichzeitig unter Anleitung).

Übersicht: Krankengymnastik vs. KGG

Aspekt

Krankengymnastik (KG)

KGG

Setting

Einzelbehandlung (1:1)

Kleingruppe (bis 3 Personen)

Dauer

15–25 Minuten

60 Minuten

Inhalt

Übungen mit Körpergewicht, manuelle Techniken

Gerätetraining (Kraft, Koordination, Ausdauer)

Ziel

Schmerzlinderung, Beweglichkeit

Muskelaufbau, Stabilisation, Leistungssteigerung

Beide Therapieformen sollen Schmerzen lindern, die Funktion verbessern und die Belastbarkeit steigern. KG kombiniert aktive und passive Therapie während KGG ausschließlich aktive Therapie ist und aufgrund der Dauer  einen größeren Trainingseffekt anstrebt – spürbaren Muskelaufbau und Ausdauersteigerung.

Vergleich: Was ist der Unterschied zwischen KGG und Medizinischer Trainingstherapie (MTT)?

Die medizinische Trainingstherapie (MTT) und die Krankengymnastik am Gerät (KGG) verfolgen auf den ersten Blick ein ähnliches Ziel – gezieltes Training an Geräten – sind aber im System sehr unterschiedlich verortet.

Die MTT ist kein klassisches Heilmittel im Heilmittelkatalog, sondern eher ein strukturiertes medizinisches Trainingsprogramm. Sie wird vor allem in Reha-Einrichtungen, BG-Kliniken, DRV-Programmen und größeren Praxen eingesetzt, zum Beispiel im Rahmen von EAP, IRENA, T-RENA oder als Selbstzahlerleistung. Typische Patient:innen sind Menschen in einer Reha-Phase (stationär oder ambulant), BG-Patient:innen, Personen in DRV-Reha sowie private Selbstzahler, die gezielt und intensiv an Kraft, Stabilität und Belastbarkeit arbeiten wollen.

Die KGG dagegen ist eine offizielle Heilmittelposition der gesetzlichen Krankenkassen nach § 125 SGB V. Sie wird in Physiopraxen angeboten, die bestimmte Qualitäts- und Ausstattungsanforderungen erfüllen. Hier trainieren in erster Linie gesetzlich versicherte Patient:innen mit einer entsprechenden Heilmittelverordnung, bei denen ein strukturiertes, gerätegestütztes Training zur Therapie sinnvoll ist, zum Beispiel nach Operationen oder bei anhaltenden Beschwerden am Bewegungsapparat.

Vorraussetzungen: Welche Geräte und Voraussetzungen braucht eine Praxis für KGG?

Eine Physiotherapiepraxis darf KGG nur anbieten, wenn bestimmte medizinische Trainingsgeräte vorhanden sind. Die Mindestausstattung umfasst:

  • Zwei Seilzugapparate (Universalzugapparate) nebeneinander

  • Funktionsstemme (wie Beinpresse, bei der man sich wegschiebt)

  • Ein Gerät für das Rumpftraining (Hyperextension, Winkeltisch oder hinterer Rumpfheber)

  • Ein Vertikalzug-Gerät (Latissimus-Zug)

Zusätzlich muss die Praxis einen eigenen Trainingsbereich von mindestens 30 m² vorhalten. Alle Trainingsgeräte müssen medizinisch zertifiziert sein – das bedeutet, sie sind speziell für therapeutische Zwecke konzipiert.

Wichtig: KGG darf nur von Physiotherapeuten mit entsprechender Zusatzqualifikation (KGG-Fortbildung) durchgeführt werden. Diese Therapeuten können die Trainingsgeräte fachkundig einstellen und wissen, wie sie Übungen korrekt anleiten.

Ausbildung: Wo kann man eine KGG-Fortbildung machen?

Die Fähigkeit, Krankengymnastik am Gerät anzuleiten, wird in der Grundausbildung von Physiotherapeuten nur teilweise vermittelt. Daher ist für das eigenständige Anbieten von KGG eine Fortbildung mit Zertifikat erforderlich.

Anbieter: Die großen Physio-Verbände (IFK, ZVK, VPT) bieten regelmäßig KGG-Zertifikatskurse an. Ebenso gibt es private Akademien und Weiterbildungszentren.

Inhalt: In einer KGG-Schulung lernen Teilnehmende trainingswissenschaftliche Grundlagen, den Umgang mit den verschiedenen Geräten, das Erstellen von individuellen Trainingsplänen und Sicherheitsaspekte. Der Kurs umfasst etwa 40 Unterrichtseinheiten und schließt mit einer Prüfung ab.

Für dich als Patient bedeutet das: Wenn dein Therapeut KGG anbietet, hat er garantiert diese Fortbildung absolviert. Du kannst Vertrauen haben, dass geschulte Profis dich anleiten.

Ablauf: Was ist wichtig zu wissen?

Ablauf: Wie viele Personen nehmen an einer KGG-Sitzung teil?

KGG wird in Gruppen von bis zu 3 Personen durchgeführt. Ein Physiotherapeut betreut maximal drei Patienten gleichzeitig im Trainingsbereich. Diese kleine Gruppengröße stellt sicher, dass jeder ausreichend Anleitung und Korrektur erhält.

Auch wenn mehrere Leute zusammen trainieren, hat jeder einen individuellen Trainingsplan. Der Therapeut stellt die Geräte für dich passend ein (Gewicht, Position) und passt die Übungen an deine Bedürfnisse an. So trainiert zwar die Gruppe gemeinsam im Raum, aber jede Person macht gezielt die Übungen, die für sie vorgesehen sind.

Ablauf: Wie lange dauert eine Sitzung Krankengymnastik am Gerät?

Eine KGG-Therapieeinheit dauert ca. 60 Minuten. Diese Zeit umfasst in der Regel eine kurze Aufwärmphase, das gezielte Training an verschiedenen Geräten und eventuell eine abschließende Abwärmphase. Beim ersten Termin wird oft zunächst ein gründlicher Eingangsbefund gemacht. Der Therapeut untersucht deine Beweglichkeit, Kraft und eventuelle Beschwerden genau, um darauf aufbauend deinen Trainingsplan zu erstellen. Ab der zweiten Einheit läuft dann das volle 60-Minuten-Programm.

Ein typischer Ablauf könnte sein:

  • 10 Min. Aufwärmen (z.B. leichtes Fahrradergometer)

  • Gerätezirkel: Beine, Rumpf, Arme/Rücken – jeweils mit mehreren Sätzen und Pausen

  • 5–10 Min. Cool-Down

Verordnung: Wie oft kann Krankengymnastik am Gerät verordnet werden?

In der Regel verschreibt der Arzt zunächst eine Verordnung über 6 Einheiten KGG. Je nach Diagnose sind oft bis zu 3 Verordnungen am Stück möglich – das bedeutet insgesamt maximal 18 Einheiten in Folge.

Die Therapie-Frequenz liegt meist bei 1–3 KGG-Terminen pro Woche. Praktisch findet KGG oft etwa 2-mal wöchentlich statt. Zu eng (täglich) sollte man KGG nicht machen, da die Muskeln Regeneration brauchen.

Nach Ausschöpfen der 18 Einheiten sehen die Heilmittel-Richtlinien meist eine Therapiepause von ca. 12 Wochen vor, es sei denn, es liegt ein langfristiger Heilmittelbedarf vor (z.B. bei schweren chronischen Erkrankungen).

Behandlung: Kann man Krankengymnastik und KGG gleichzeitig machen?

Ja, grundsätzlich ist es möglich, normale Physiotherapie und KGG parallel zu erhalten. Oft ergänzen sich die beiden Therapieformen sehr gut. Beispielsweise könnte man in einer Woche eine Einzel-KG-Sitzung haben, um bestimmte Gelenke zu mobilisieren, und zusätzlich eine KGG-Sitzung, um aktiv Muskulatur aufzubauen.

Häufig wird zunächst mit klassischer KG begonnen, vor allem wenn du noch starke Schmerzen hast. Im Verlauf startet dann KGG, um die erzielten Verbesserungen zu stabilisieren und weiterzuführen.

Red Flag: Wann du mit dem Training vorsichtig sein solltest

  • Akute Schmerzen: Starke, stechende mehr werdende Schmerzen während der Übungen – sofort abbrechen

  • Schwellung oder Rötung: Ungewohnte Schwellung nach dem Training – pausieren und Ärztin kontaktieren

  • Andere Symptome: Schwindel, Übelkeit oder Herzrasen bei Belastung – Training unterbrechen

  • Unsicherheit nach OP: Bei frischer Operation erst Rücksprache mit dem Arzt halten

Verordnung: Für wen ist eine Dauerverordnung für KGG möglich?

Eine Dauerverordnung bedeutet, dass du KGG über einen längeren Zeitraum ohne die üblichen Begrenzungen erhalten kannst. Dies kommt bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen infrage, die einen kontinuierlichen Behandlungsbedarf haben.

Typische Diagnosen für eine Dauerverordnung:

  • Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder Zustand nach schwerem Schlaganfall

  • Muskuläre oder genetische Erkrankungen (z.B. Muskeldystrophien)

  • Schwere Rheuma-Erkrankungen

  • Gravierende Wirbelsäulenschäden

Wird der Antrag auf langfristigen Heilmittelbedarf bewilligt, kannst du fortlaufend Verordnungen bekommen, ohne immer wieder neu die Menge begründen zu müssen.

Verordnung: Was ist eine D1-Heilmittelkombination (Mini-Reha) und wann wird sie verordnet?

Die D1-Heilmittelkombination – umgangssprachlich Mini-Reha genannt – ist ein spezielles Verordnungsformular, mit dem der Arzt eine Kombination mehrerer Therapien auf einmal verschreibt. Dabei wird beispielsweise Krankengymnastik, physikalische Therapie (wie Wärmeanwendungen oder Massage) und Gerätetraining gemeinsam als Paket verordnet.

D1 kommt vor allem bei komplizierten Fällen zum Einsatz, wo mehrere Behandlungsansätze parallel nötig sind – etwa nach größeren Operationen (Kreuzband-OP, Wirbelsäulen-OP), wo sowohl aktiv trainiert als auch passiv therapiert werden soll.

Der große Vorteil: Du bekommst verschiedene Therapien in einem Termin, ohne zwischen Therapeuten oder Praxen wechseln zu müssen. Die Behandlungszeit liegt meist bei 60 Minuten pro Einheit.

Kosten: Was kostet KGG und wie hoch ist die Zuzahlung?

Krankengymnastik am Gerät ist Bestandteil des Heilmittelkatalogs der gesetzlichen Krankenkassen. Das heißt, die Krankenkasse übernimmt den Großteil der Kosten, sofern du ein Rezept vom Arzt hast.

Gesetzliche Zuzahlung

Versicherte in der gesetzlichen Krankenkasse ab 18 Jahren leisten eine Zuzahlung von 10% der Behandlungskosten plus 10 € Rezeptgebühr pro Verordnung.

Beispielrechnung

Bei 6 Einheiten KGG mit einem Gesamtwert von ca. 150 € zahlst du: 10% (= 15 €) + 10 € Rezeptgebühr = 25 € Eigenanteil. Die restlichen ca. 125 € übernimmt die Kasse.

Privatpatienten

Die Kosten werden gemäß der Gebührenordnung berechnet. Die meisten privaten Versicherungen erstatten KGG, sofern verordnet, je nach Tarif. Mit ca. 40–60 € pro KGG-Stunde sollte gerechnet werden.

Zuzahlungsbefreiung

Wenn du von der Krankenkasse wegen Überschreitung der Belastungsgrenze zuzahlungsbefreit bist, brauchst du für KGG nichts zuzuzahlen. Reiche dafür deinen Befreiungsausweis in der Praxis ein.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • KGG ist aktive Physiotherapie an medizinischen Geräten unter therapeutischer Anleitung

  • Dauer: 60 Minuten pro Einheit, in Kleingruppen bis 3 Personen

  • Verordnung: Meist 6 Einheiten pro Rezept, bis zu 18 Einheiten am Stück möglich

  • Kosten: Krankenkasse zahlt, du leistest 10% + 10 € Rezeptgebühr

  • Kombination mit normaler Krankengymnastik ist möglich und oft sinnvoll

Du hast noch Fragen? Sprich mit deinem Arzt oder deiner Physiotherapeutin über deine individuelle Situation. Sie können dir sagen, ob KGG für dich geeignet ist und wie die nächsten Schritte aussehen.

Quellen

Quellen

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Dark Leaf
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Person Holding a Pill
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